|  |  | Über die ungarische Kerbschrift |  | 
| Klára 
        Friedrich: | 
Was ist 
  Kerbschrift?
  
Kerbschrift 
  ist eine charakteristische, linienhafte, mehrheitlich aus Buchstaben mit geradliniger 
  Form bestehende alte Schriftart, die auf jeden Schriftträger (Stein, Holz, Metall, 
  Pergament, Papier, Seide, usw.) angewendet werden kann. Das ungarische Wort 
  rovásirás (Kerbschrift) ist der Hauptbegriff, darunter als Teilbegriff 
  wird rovás (Ritz) benützt, wenn die Schrift eingeritzt, geschnitzt oder 
  eingekerbt wird, d.h. als die Buchstaben in die Oberfläche vertieft werden. 
  Der Begriff der computerisierten Kerbschrift gehört auch zum Hauptbegriff rovásirás 
  (Kerbschrift). 
  
Auch andere 
  Völker verfügen über Kerbschriftdenkmäler, wie pelasgische, phönizische, etruskische, 
  lateinische, griechische, germanische, türkische Schriften davon zeugen, aber 
  aufgrund meiner schriftgeschichtlichen Forschungen komme ich zur Schlussfolgerung, 
  dass sich diese aus der Kerbschrift der Vorfahren der Ungarn entwickelt haben.
  
Für deutsche 
  Leser kann es interessant sein, wenn wir bedenken, dass das Wort Rune zu einer 
  homonymen Wurzel *rün-'Einritzung' gehört. Auf Ungarisch heißt ró- (Wurzel), 
  róni (Inf.) = kerben, ritzen, aus welcher Wurzel das Wort rovás kommt. (T.M.)
  
Unsere Nationalschrift, 
  die ungarische Kerbschrift haben wir von unseren skythischen, hunnischen und 
  awarischen Vorfahren geerbt. Dank den aufgefundenen archäologischen und sonstigen 
  Gegenstandsdenkmälern können wir behaupten, dass dies die erste Schrift auf 
  Erden ist, in der einem Laut ein Buchstabe entspricht.
  
Die Kerbschrift 
  ist also ein alter und wertvoller kulturgeschichtlicher Schatz der Ungarn, die 
  edelste Form der Traditionstreue. Unsere Chronisten und Geschichtsschreiber 
  erwähnen oft diese Schrift: Simon KÉZAI, Márk KÁLTI, János THURÓCZY, Antonio 
  BONFINI, Antal VERANCSICS, István SZAMOSKÖZI, Mátyás BÉL haben sie skythisch-hunnische 
  Schrift genannt. Die Benennung 'rovásirás' ist Mihály TAR, der sie von seinen 
  Hirtenvorfahren gelernt hat, und János FADRUSZ, Bildhauer der berühmtesten Reiterstatue 
  von König Matthias in Kolozsvár (heute Cluj in Rumänien) zu danken. Die Bezeichnung 
  drückt die Charakteristik der Schriftart perfekt aus: sie kann in Holz geritzt, 
  in Stein graviert, auf Papier geschrieben werden. Sie wird auch sekler-ungarische 
  Schrift genannt, da die meisten Schriftdenkmäler bei den Seklern in Siebenbürgen 
  aufbewahrt sind. Dass sie auch nach dem Jahr 1945 erhalten blieb, ist der Pfadfinderbewegung 
  zu danken. 
  
Unsere Kerbschrift 
  hat sich zusammen mit unserer Sprache entwickelt, weil jedem Laut des Ungarischen 
  ein Zeichen entspricht. Deshalb können wir sagen, dass es unsere eigene Schrift 
  ist, und wurde nicht von einem anderen Schriftsystem übernommen. Sie ist eine 
  Buchstabenschrift, mit der Entsprechung jeden Lautes einem Zeichen, so kann 
  sogar ein abstrakter Begriff schriftlich festgehalten werden. Als im 10.-11. 
  Jahrhundert in Ungarn die Schrift mit lateinischen Buchstaben verwendet wurde, 
  war die Schreibkunst mit der Tatsache konfrontiert, dass 13 ungarische Laute 
  keinen entsprechenden Buchstaben hatten (TY, GY, NY, LY, SZ, ZS, CS, K, J, Á, 
  É, Ö, Ü). Es war so nicht möglich, die ungarische Sprache auf geeigneter Weise 
  aufzuzeichnen und dies hat unser Schrifttum in der Entwicklung ziemlich verhindert. 
  
  
Die Kerbschriftdenkmäler 
  zeugen davon, dass die Ungarn im Karpatenbecken Ureinwohner sind. Es gibt den 
  15-20 000 Jahre alten Knochenstab, die 7-8 000 Jahre alte beschriftete Scheibe 
  aus Tatárlaka, oder die neusteinzeitliche Scheibensammlung mit Schriftzeichen 
  von Zsófia Torma (1832-1899), der Archäologin aus Siebenbürgen. Die beiden Letztgenannten 
  gehören zur Tordos-Vinca-Kultur, die 5500-3000 v.Chr. florierte. Die Form der 
  in Ton geritzten Zeichen ist mit den Schriftzeichen der alten ungarischen Schrift 
  identisch. 
  
Die Kerbschrift 
  liefert einen weiteren Beweis für die skythisch-hunnisch-awarisch-ungarische 
  Kontinuität, da sie auf archäologischen und Gegenstandsdenkmälern dieser Völker 
  vorhanden ist. Z.B. auf der 2700 Jahre alten skythischen Silbertasse, in der 
  hunnischen Felseninschrift in Russland, auf einer awarischen Nadelbüchse, auf 
  dem Stabkalender aus der Zeit der Arpaden-Dynastie. Der Grieche Agathon erwähnt 
  das Schrifttum unsere skythisch-hunnischen Vorfahren im 3. Jahrhundert v.Chr; 
  so auch der syrisch-griechische Reisende Lucianos im 2. Jahrhundert n.Chr., 
  der griechische Wissenschaftler Priscos, der beim Hunnenkönig Attila als Botschafter 
  zu Besuch war im 5. Jahrhundert.
  
Die Kerbschrift 
  liefert weiterhin einen Beweis dafür, dass die ganze Bevölkerung schriftkundig 
  war in einer Zeitperiode, als der Kaiser Karl der Grosse nicht schreiben konnte, 
  wie das sein Biograph Einhard behauptet. Aus dieser Periode stammt die Nadelbüchse 
  aus Knochen, das in einem awarischen Frauengrab bei Szarvas gefunden wurde. 
  Darin waren 60 Kerbzeichen eingeritzt. Kerbschrift war in Ungarn noch im 19.-20. 
  Jahrhundert bei den Hirten in Gebrauch. Im Jahr 1802 war in Kiskunhalas ein 
  Bericht mit 160 Wörtern auf 16 Kerbstöcke geritzt und der Notar der Stadt war 
  fähig, den Bericht zu lesen.
  
Die Kerbschrift 
  widerspricht der Behauptung, dass die Ungarn erst nach dem Jahr 1000 von aus 
  dem Westen importierten Geistlichen lesen und schreiben gelernt hätten, wie 
  auch der Theorie des finnougrischen Ursprungs der Ungarn und der Sprachverwandtschaft. 
  
  
Die meist 
  bekannten Objekte mit Kerbinschrift
  
Die bei Szarvas 
  gefundene Nadelbüchse aus Knochen aus der Awarenzeit ist im Museum Sámuel Tessedik 
  in Szarvas ausgestellt.
  
Ein Taufbecken 
  aus dem 13. Jahrhundert in Vargyas, Seklerland, in der von Imre Makovecz entworfenen 
  reformierten Kirche.
  
Die Kopie eines 
  Stabkalenders vom 12.-13. Jahrhundert aus Gyergyószárhegy, Seklerland, trägt 
  eine Inschrift mit fast 200 Wörtern. Der italienische Wissenschaftler und Kriegsingenieur 
  Luigi Ferdinando Marsigli hat ihn 1690 kopiert, das Objekt befindet sich in 
  einer Bibliothek in Bologna. Abbildung 1. Alphabet 
  auf diesem Stabkalender. 
  

  Abbildung 1.
Das sog. Alphabet von Nikolsburg wurde vor dem Jahr 1483 niedergeschrieben und wird heute in der Nationalbibliothek Széchényi in Budapest aufbewahrt. Abbildung 2.

  Abbildung 2.
  
Die Kerbinschrift 
  auf der Kassettendecke in der Unitarierkirche in Énlaka (Seklerland) wurde 1668 
  gefertigt. Sie kann noch so lange angeschaut werden, bis der Holzwurm sie nicht 
  auffrisst.
  
Vom Jahr 1598 
  stammt ein Lehrbuch auf Latein mit dem Titel Rudimenta, oder Elemente der 
  alten Sprache der Hunnen. Verfasser war János Thelegdi, später katholischer 
  Würdenträger, Bischof von Nyitra und Erzbischof von Kalocsa. Er hat das Buch 
  mit 16 Seiten im Alter von 24 Jahren als Student in Leiden geschrieben. Nur 
  Manuskriptkopien sind erhalten geblieben.
  
Die Mehrheit 
  der ältesten, authentischen Kerbschrift-Alphabete bestehen aus 32 Buchstaben, 
  jedoch ohne lange Vokale. Den Buchstaben É finden wir bereits in einem Text 
  von Gáspár Miskolczi Csulyak vom Jahr 1654, sie wurde jedoch nicht allgemein 
  verbreitet. (Er war Sohn von István Miskolczi Csulyak, des Militärpfarrers des 
  Prinzen Gábor Bethlen. Er hat in Wittenberg und Heidelberg studiert.) Die allgemeine 
  Verbreitung der Buchstaben Á und É in Kerbschrift ist dem Ethnographieforscher 
  und Ornamentikkünstler Adorján Magyar (1887-1978) zu danken, so besteht das 
  Alphabet aus 34 Buchstaben. 
  
Der Forscher Sándor Forrai, Lehrer von Steno und Dactylo hat die Kerbschrift auch in der Schule unterrichtet. Er wollte nicht, dass seine Schüler mit der akademischen Rechtschreibung in Konflikt geraten, so hat er in alten, authentischen Kerbinschriften für die fehlenden langen Vokale verwendbare Zeichen gesucht, darum besteht sein Alphabet aus 39 Buchstaben. Abbildung 3.

  Abbildung 3.
  
Aufgrund meiner 
  Erfahrungen im Unterricht empfehle ich, mit dem Kerbschriftunterricht erst nach 
  Abschluss des 3. Schuljahres zu beginnen, nachdem die Schüler über stabile Grundkenntnisse 
  in Schreiben-Lesen-Rechtschreibung verfügen. Es gibt keine Altersgrenze - viele 
  Erwachsenen haben sich die Kerbschrift als Grosseltern angeeignet. Dafür ist 
  ein Beispiel die Mutter unserer Weltmeisterin im Schwimmen, Krisztina Egerszegi: 
  sie hat das ganze Gedicht János vitéz (Der Held János, Sándor Petőfi hat geschrieben.) 
  in Kerbschrift übertragen. 
  
In der Verbreitung 
  und Bekanntmachung der Kerbschrift haben die von Gábor Szakács, Schriftsteller 
  und Journalist zwischen den Jahren 1997 und 2011 organisierten Veranstaltungen 
  und Wettbewerbe eine große Rolle gespielt. Er hat damit alle Kerbschriftlehrer 
  und Schüler im Karpatenbecken angesprochen, und sogar aus Stuttgart haben sich 
  Pfadfinder gemeldet. Dank diesen Bestrebungen und den Fachzirkeln wurde die 
  Kerbschrift zum Teil des Unterrichts und kann seit dem Jahr 2013 im Fach Landeskunde 
  unterrichtet werden. 
  
János Baranyai Decsi, Lehrer der Reformierten Hochschule in Marosvásárhely im 16. Jahrhundert, hat sich über die Kerbschrift so geäußert: "...Diese Buchstaben kann jeder in kürzester Zeit mit Leichtigkeit... erlernen. Daher halte ich diese Buchstaben nicht nur würdig, dass sie in jeder Schule unterrichtet und den Kindern beigebracht werden, aber auch achtenswert, damit all unsere Landsleute, Kinder, Alte, Frauen, Adlige und Bauern, mit einem Wort, all diejenigen, die Ungarn genannt werden wollen, diese Schrift erlernen."
Die wichtigsten 
  Regeln der ungarischen Kerbschrift 
  Zusammenfassung durch Klára Friedrich 
1. Die 
  ungarische Kerbschrift wird von rechts nach links geschrieben, da es in den 
  meisten Schriftdenkmälern so geschrieben wurde. Es ist möglich auch von links 
  nach rechts zu schrieben, diese Weise befolgt jedoch nicht die Tradition. In 
  diesem Fall müssen wir die Buchstaben umkehren. Die ältesten Schriften werden 
  von rechts nach links geschrieben, wie das Pelasgische, das Etruskische, das 
  Griechische, der Latein, aber auch die ägyptische hieratische Schrift. 
  
In den Übungen 
  beim Lernen hat sich die auf Bild 4. dargestellte Reihenfolge der Buchstaben 
  bewährt. 
  
2. Heute 
  trennen wir die Wörter mit Leerstelle voneinander. Den ersten Buchstaben von 
  Sätzen und Namen heben wir durch größere Form hervor. Interpunktionszeichen 
  sind dieselben, wie in der Schrift mit lateinischen Buchstaben, aber Fragezeichen, 
  Komma, Anführungszeichen kehren wir um. 
  
3. In 
  der Kerbschrift werden zwei Sorten K verwendet: in Form eines Hakens und in 
  Form eines Quadrats. Die Regeln für ihre Verwendung im 20. Jahrhundert sind 
  in unseren Denkmälern nicht bestätigt, wie es meine Forschungen unterstützen, 
  daher empfehle ich für Anfänger, nur die Form eines Quadrats zu benützen. Das 
  entspricht verschiedenen alten, authentischen Kerbschriften. In alten Zeiten 
  hat man nicht nur diese Konsonanten: (e)F, (e)L, (e)M, (e)N, (e)NY, (e)R, (e)S, 
  (e)SZ mit einem vorangehenden e ausgesprochen, sondern jeder Konsonant. Also: 
  (e)B, (e)C, (e)CS... ...(e)K, und dieses K wir mit der Quadratform dargestellt.
  
4. Wichtige 
  Regel ist, dass wir in der heutigen Kerbschrift nur diejenigen Buchstabenvarianten 
  verwenden, die in einer alten Schrift vor dem 18. Jahrhundert schon vorkommen. 
  Nur so können wir die Authentizität bewahren.
  
5. In unserer alten Schrift gab es kein Q, X, Y, W, da diese nicht zum ungarischen Lautbestand gehören. Ihre Verwendung wird in der beigelegten Tabelle festgelegt. Abbildung 4.

  Abbildung 4.
Literatur: 
  
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  Friedrich Klára-Szakács Gábor: Kőbe vésték, fába rótták (2005)
  Friedrich Klára-Szakács Gábor: Ősök és írások (2008)
  Friedrich Klára: Írástörténeti áttekintő magyar szempontból (2010)
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  Winn, Shan, M.M: Pre writing in south-eastern Europe (Western Publishers, 
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